Juli 2000


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Möglingen setzt auf Busse statt auf Züge

Wiederbelebung der Strecke nach Ludwigsburg abgelehnt

MÖGLINGEN. Die Gemeinde Möglin-
gen (Kreis Ludwigsburg) wendet sich
gegen eine Reaktivierung der Zugstre-
cke zwischen Ludwigsburg und Mark-
gröningen. Ein Ausbau der Busverbin-
dungen sei kostengünstiger und effek-
tiver, so die Kritik.

Von Carola Sauer

In einer Klausurtagung hat der Arbeitskreis
Handel und Verkehr das Für und Wider einer
Zugverbindung von Ludwigsburg über Mög-
lingen nach Markgröningen abgewogen: Als
umweltgerechtes Verkehrsmittel eröffne sich
für die Kommune die Chance auf eine Ver-
kehrsentlastung; die Anbindung an Ludwigs-
burg werde verbessert, gleichzeitig erfahre
der Ort insgesamt eine Aufwertung durch die
Anbindung an das Schienennetz.

Aus presserechtlichen Gründen dürfen Artikel der STZ nicht in voller Länge im Internet wiedergegeben werden.
Wenn Sie Interesse an dem Artikel haben, können sie einen kostenlosen Nachdruck unter der Telefonnummer 0711/7205782 beim Verlag anfordern. Bitte geben Sie Titel, Autor und Erscheinungsdatum an.


Copyright © STZ 07.07.2000


Kritik an der Möglinger Haltung

MÖGLINGEN/LUDWIGSBURG (cls). Die
Ludwigsburger Kreistagsfraktion der
Bündnisgrünen kritisiert die Haltung
der Gemeinde Möglingen zur Reakti-
vierung der Bahnstrecke Ludwigsburg
-Markgröningen. Die Bedenken seien
"schwer nachvollziehbar".
Die Schienenstrecke kann nach Auffassung
der grünen Kreisräte durchaus wirtschaftlich
betrieben werden, das belegten zahlreiche
Positivbeispiele im Land, heißt es in einer
Pressemitteilung.

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Copyright © STZ 11.07.2000


SPD Fraktion im Gemeinderat

Reaktivierung der Schienenstrecke:
Ja / Nein. Unter welchen Bedingungen?

Der Gemeinderat befasst sich in seiner heutigen Sitzung, 20.7.
mit der Reaktivierung der Schienenstrecke. Dabei geht es vor-
erst nur um die längst überfällige Festlegung der eigenen Ver-
handlungsposition Möglingens und seiner Interessen, gegen-
über den möglichen Rechtsträgern einer künftigen Bahnstre-
cke: z.B. Zweckverband Landkreis / anliegende Gemeinden,
Region, Land, usw.

Ein Arbeitskreis aus GR und Verwaltung hatte sich nun im Vor-
feld mit diesem Thema befasst und empfiehlt dem Gemeinde-
rat: "unter den derzeit bekannten Bedingungen die Wieder-
eröffnung der Schienenstrecke abzulehnen, aber die beste-
hende Trasse offen zu halten".

Die Mehrheit unserer Fraktion unterstützt diesen Be-
schluss, weil nach heutigem Wissenstand, als Konsequenz der
Bahnaktivierung, ein gutes - weiter ausbaufähiges - Busnetz
durch die Möglinger Wohngebiete nach Ludwigsburg, zerschla-
gen würde. Prognosen belegen, dass trotz der immensen In-
vestitionen und laufend hohen Defiziten nur eine minimale Stei-
gerung der Fahrgastzahlen im ÖPNV erreichbar sind. Dabei
wurden dem Bahngutachten fälschlicherweise zu lange (vom
RBS-Bussystem widerlegte) Buszeiten gegenüber gestellt. Die
gegenüber dem Bus erheblich weiteren Fußwege zu den Bahn-
stationen sind bei schlechtem Wetter und insbesondere für äl-
tere Menschen, eine zu hohe Hürde um eine Verlagerung "vom
Bus zur Schiene" anzunehmen. Ein zusätzliches Zubringersys-
tem ware kostenmäßig? allein von der Gemeinde zu tragen.

Auch die Beteiligung der Gemeinde an den (steigenden) Defizi-
ten des Bahnbetriebes steht noch im Raum.

Die Verwaltung braucht deshalb ein Mandat für die anste-
henden Verhandlungen.

Unter anderen, für Möglingen, vielleicht erheblich besseren
Bedingungen, kann bei der weiter bestehenden Trasse
auch später neu entschieden werden.

B. Häcker, G. Häcker, P. Krössinger, R. Riedel, J. Wirth

Natürlich gibt es in der SPD-Fraktion zu diesem wichtigen
Thema auch andere Standpunkte.
Eva Bauer-Oppelland und Ulrich Hiller sehen in der Ent-
schließung des GR und seiner negativen Stellungnahme
das falsche Signal. Sie befürchten dadurch ein vorzeitiges
"Aus" fur die Schienenstrecke.

Fortsetzung folgt in den nächsten Möglinger Nachrichten.


Copyright © Möglinger Nachrichten, 20.07.2000


Mehrheit setzt lieber auf den Bus

Gemeinderat lehnt Reaktivierung der Bahnstrecke ab -"Nachteile"

(bä) - Die Gemeinde lehnt die
Reaktivierung der Bahnstrecke
Ludwigsburg - Markgröningen
für den Personentransport "zum
heutigen Zeitpunkt und unter
den jetzt bekannten Bedingun-
gen" ab.
Sie fordert, stattdessen das
Strohgäu-Bussystem auszubauen.
Das sei billiger, bringe zudem
mehr.
In dem bei der Gemeinderats-
sitzung am Donnerstagabend mit
13 Ja-Stimmen bei drei Nein-Vo-
ten und vier Enthaltungen gefass-
ten Beschluss heißt es weiter, für
die Gemeinde zeichne sich trotz
hohem finanziellem Aufwand der-
zeit kein angemessener Nutzen
ab. Auch die gesamtwirtschaftli-
che Betrachtung greife zu kurz,
weil die Wege und Zeiten nicht
berücksichtigt seien. "Es werden
mehr Nachteile als Vorteile erwar-
tet." Allerdings halt sich die 10 000
Einwohner zählende Kommune
eine Hintertür offen: Sie wolle, um
langfristig handlungsfähig zu blei-
ben, die Trasse nicht bebauen, So-
mit bestehe weiterhin die Option
für einen Betrieb im Stadtbahn-
system.
Damit folgte das Ortsparlament
mehrheitlich seinem Arbeitskreis
"Handel und Verkehr", dessen
Empfehlung von Bürgermeister
Eberhard Weigele mit Nachdruck
verfochten wurde. Zwar verzichte-
te der Gemeinderat darauf, entge-
gen der Vorlage die Minuspunkte
einer Wiedereröffnung der Schie-
nenstrecke für die Personenbeför-
derung im Beschluss anzuführen,
doch bildeten diese die Basis der
Entscheidung.
Die Ratsmehrheit befürchtet,
dass bei Aufnahme des Bahnbe-
triebs die Buslinien ausgedünnt
werden. Bei zwei vorgesehenen
Bahnhaltepunkten - Bahnhof und
Löscher - mit einem Radius von
jeweils 800 Metern müssten ent-
weder lange Wege in Kauf genom-
men oder Zubringerbusse zu den
Zügen eingesetzt werden. Die
jetzt 15 Bushaltestellen seien je-
weils in Radien von etwa 150 Me-
tern zu erreichen. Die flächende-
ckende Versorgung mit Bussen sei
besser.
Auf der Negativliste finden sich
weitere Punkte: Die Bahnreakti-
vierung zwinge bei vielen Wegen
zu mehrmaligem Umsteigen, ver-
kürze die Beisezeiten nicht, sie
greife in die Wohnqualitat entlang
der Gleisstrecke ein und verschaf-
fe Möglingen keine spürbare Ver-
kehrsentlastung.
Erst einen Tag vor der Sitzung
traf im Rathaus eine Kopie des
ans Landratsamt gerichteten Brie-
fes des baden-württembergischen
Umwelt- und Verkehrsministeri-
ums ein. Danach hält das Land ei-
ne finanzielle Förderung der Wie-
deraufnahme des Bahnhetriebes
grundsätzlich für möglich. In ei-
nem Gutachten waren 1996 die
Investitionen mit 26 Millionen
Mark angegeben worden. Der Zu-
schuss nach dem Gemeindever-
kehrsfinanzierungsgesetz beträgt
80 bis 85 Prozent. Nicht garantie-
ren kann das Ministerium die
"zeitnahe" Auszahlung der Gelder.
Ergo: Sie müssten von den Kom-
munen vorfinanziert werden.
Allerdings spielte diese Zusage
in der Ratsdebatte keine Rolle.
Obwohl die Grünen als Verfechter
der Wiedereröffnung der Streeke
gelten, wollte sich selbst ihr Rats-
vertreter Dr. Stefan Widmaier
nicht zu einem Ja aufschwingen.
Allerdings ging ihm auch die Ab-
lehnung zu weit. Deshalb bean-
tragte er zu erklären, dass Möglin-
gen "aufgrund der ungeklärten Fi-
nanzierung und der geringen fi-
nanziellen Möglichkeiten der Ge-
meinde" keine Chance sehe, im
Moment einer Reaktivierung zu-
zustimmen.
Nach einer kurzen Sitzungsun-
terbrechung wurde der Widmaier-
Antrag bei Stimmengleichstand
abgelehnt; er fand Unterstützung
nur bei FWV und SPD. "Das ist
mir zu wenig", meinte Weigele zu
dem Inhalt des Antrages.

Copyright © LKZ 22.07.2000


Kürner bedauert Beschluss

Stadt Ludwigsburg bisher eher restriktiv

(bä) - "Diese Entscheidung
bringt für den Moment einen
Stopp." So kommentierte Lud-
wigsburgs Baubürgermeister Al-
brecht Bogner den Beschluss
des Möglinger Gemeinderates
gegen eine Reaktivierung der
Bahnstrecke zwischen Ludwigs-
burg und Markgröningen.

Nun sei, so meinte Bogner auf
LKZ-Anfrage, ein Moratorium
notwendig. Auf jeden Fall dürfe
man die Gleise nicht verlottern
lassen, sondern müsse sich für die
Zukunft alle Optionen offen hal-
ten.
Bisher stieß das Projekt bei der
Mehrheit des Ludwigsburger Ge-
meinderates nicht gerade auf Be-
geisterung. "Es ist eine eher rest-
riktive Haltung vorhanden", sagte
Bogner. Er habe bisher nur einen
Verhandlungsauftrag. Erst wenn
Fragen wie Finanzierung, Träger-
schaft und Betriebskosten geklärt
seien, bestehe für ihn die Chance,
"mehr Möglichkeiten eingeräumt
zu bekommen".
Die stärksten Befürworter des
Projektes sitzen in Markgrönin-
gen. "Ich bedauere die Möglinger
Entscheidung", erklärte Bürger-
meister Rudolf Kürner. Seine Stadt

habe frühzeitig die Bildung eines
Zweckverbandes, bestehend aus
den drei Kommunen, angeregt,
um offene Fragen wie die der Fi-
nanzierung zu klären. Kürner
hofft, dass alle Beteiligten weiter-
hin im Gespräch bleiben und
setzt auf die Fraktionen des Kreis-
tages, die "auf Möglingen einwir-
ken könnten, seine Position noch-
mals zu überdenken". Den Nach-
barn wirft er vor, den Blick aufs
Ganze zu versäumen. Sie sollten
doch "ein bissle mehr kommuna-
le Zusammenarbeit pflegen".
Auch der Verband Region Stutt-
gart hält an der Wiederbelebung
der Strecke fest ("hohe Dringlich-
keit"). Die bisherigen Gutachten
ließ der Landkreis erstellen, eine
Übernahme der Strecke auf die
Region wird diskutiert. "Wir ha-
ben noch nicht geprüft, wie die
Übernahme einer solchen Strecke
in regionale Trägerschaft rechtlich
ablaufen könnte." In Sachen Lud-
wigsburg-Markgröningen sei bis-
lang niemand auf die Region zu-
gekommen, und es gebe auch
noch keine diesbezügliche Initia-
tive aus der Regionalversamm-
lung. "Im Zweifel würden wir so
etwas im Konsens mit den Ge-
meinden regeln."

Copyright © LKZ 22.07.2000


Die Debatte

(bä) - Den einen fiel die Ent-
scheidung zu früh, die anderen
hielten den Zeitpunkt fur gerade
richtig. Der Möglinger Gemein-
derat debattierte kontrovers
über die eventuelle Reaktivie-
rung der Bahnstrecke.

Zwar äußerte Stefan Widmaier
{Grüne) Verstandnis für die Ein-
wände gegen Personenzüge auf
der Strecke, doch wandte er sich
gegen ein grundsätzliches Nein.
Zur Meinung von ]oachim Wirth
(SPD), die Gemeinde brauche ei-
ne Verhandlungsposition, sagte
er: "Wenn ich etwas ablehne,
brauche ich nicht mehr zu ver-
handeln." Er plädierte dafür, zu-
erst weitere Fakten zusammenzu-
tragen und dann zu entscheiden.
Eine Position, die auch Edgar
Blank (FWV) teilte. 1997 habe sich
der Gemeinderat dem Projekt ge-
genüber grundsätzlich aufge-
schlossen gezeigt, erinnerte
Blank: "Inzwischen liegen keine
gravierenden neuen Fakten vor,
die eine Kehrtwende rechtfertigen
würden."

Gar als kurzsichtig und kleinka-
riert bezeichnete Ulrich Hiller
(SPD) eine Ablehnung der Wie-
dereröffnung der Strecke. Inzwi-
schen zeichne sich die Möglich-
keit ab, mit den Zügen dieser Ne-
ben- auch auf der Hauptstrecke
bis Kornwestheim oder Zuffen-
hausen zu fahren. Hier solle kein
falsches Signal gegeben werden.
Hillers Antrag, die Sache zu verta-
gen, fand keine Mehrheit.
"Kaum jemand, der sich in der
Öffentlichkeit zu dieser Sache äu-
ßert, kennt die Fakten", bedauerte
der Schultes. Ubersehen würden
auch die betriebswirtschaftlichen
Kosten. Möglingen könne seinen
Anteil von 400000 Mark am er-
warteten jährlichen Defizit von
1,2 Millionen Mark nicht aufbrin-
gen. Wer behaupte, die Bahnlinie
könne wirtschaftlich betrieben
werden, kenne die jetzigen Rah-
menbedingungen nicht. Er plä-
dierte für einen Beschluss, um so
möglicherweise auf die Positionen
anderer noch Einfluss nehmen zu
können.
Auch Bernhard Häcker (SPD)
hielt es für notwendig. "jetzt Klar-
heit zu schaffen". Günter Hen-
ningsen (CDU/WU) ging noch
weiter. Seit fünf Jahren "machen
wir uns etwas vor und bis jetzt
steht nicht mal der Träger fest".
Die Kriterien, um jetzt zu ent-
scheiden, seien ausreichend,
meinte CDU/WU-Fraktionschef
Roland Gemeinhardt. Das Stroh-
gäu-Bussystem sei besser und
günstiger, belaste den Gemein-
deetat auch nur mit 70 000 Mark
pro Jahr - nicht mit 400 000 Mark
wie bei einer Bahnreaktivierung.
"Wir haben die Vor- und Nach-
teile einfach aufgelistet", erläuter-
te SPD-Fraktionsvorsitzender
Wirth zur Tätigkeit des Abeitskrei-
ses. Mit der Personenbeförderung
per Bahn würden die Buslinien
nach Ludwigsburg zerschlagen.
Eine andere Bewertung ergäbe
sich möglicherweise dann, wenn
die Pläne der Region, diese Stre-
cke über Remseck bis Waiblingen
zu verlängern, realisiert werden.


Copyright © LKZ 22.07.2000


Volksentscheid über Bahnstrecke beantragt

Noch keine Entscheidung - Hauptsatzung müsste geändert werden

(ba) - Müssen die Bürger noch
an die Wahlurne, um über die Po-
sition der Gemeinde zur Wieder-
eröffnung der Bahnstrecke zu
entscheiden? Einzelne Ratsmit-
glieder wollen dies erreichen.
Doch noch ist es nicht so weit.

Nicht behandelt wurde bei der
Gemeinderatssitzung am Don-
nerstagabend der Antrag von Ge-
meinderäten der Grünen (Brigitte
Muras und Stefan Widmaier), der
SPD (Peter Krössinger und Ulrich
Hiller) sowie der FWV (Edgar und
Rainer Blank), einen Bürgerent-
scheid üiber die Frage der Reakti-
vierung der Bahnstrecke herbei-

zuführen. Dazu müsste vorher die
Hauptsatzung der Kommune ge-
ändert werden.
Deshalb hatten dieselben Rats-
mitglieder in einem zweiten An-
trag verlangt, als wichtige Ge-
rneindeangelegenheit den "An-
schluss der Gemeinde an Ver-
kehrseinrichtungen anderer Ge-
meinden oder privater Unterneh-
men" in die Hauptsatzung aufzu-
nehmen. Weil dieser Antrag nicht
rechtzeitig einging, wird die even-
tuelle Änderung der Hauptsat-
zung erst nach der Sommerpause
auf der Tagesordnung des Orts-
parlaments stehen. Das Landrats-
arnt riet davon ab, schon jetzt den
Passus in die Satzung einzufugen,
weil es momentan nur um die
Grundsatzfrage und nicht konkret
um den "Anschluss" gehe. Denn
Fragen der Finanzierung und Trä-
gerschaft seien noch offen; erst
wenn diese geklärt seien, könne
ein Bürgerentscheid stattfinden.
Die Verfechter eines Bürgerent-
scheides argumentieren, bei dem
kontrovers diskutierten Projekt
handle es sich um eine "sehr weit-
reichende und einschneidende
Entscheidung". Hier solle von den
Bürgern und nicht über ihre Köp-
fe hinweg beschlossen werden.
Der Änderung der Hauptsat-
zung muss die Mehrheit der Mit-
glieder des Gemeinderates zu-
stimmen, einem Bürgerentscheid
gar zwei Drittel aller Ortsparla-
mentarier.


Copyright © LKZ 22.07.2000


Möglingen bleibt beim Nein

Gemeinderat lehnt Reaktivierung der Schienenstrecke ab

MÖGLINGEN. Der Gemeinderat von
Möglingen (Kreis Ludwigsburg) lehnt
die Wiederinbetriebnahme der Schie-
nenstrecke Ludwigsburg-Markgrönin-
gen nicht mehr strikt ab. Unter den
derzeitigen Voraussetzungen bleibt es
aber beim Nein.


Von Carola Sauer

Wie berichtet, hatte der Arbeitskreis Handel
und Verkehr in einer Klausurtagung über
Vor- und Nachteile einer Zugverbindung von
Ludwigsburg uber Möglingen nach Markgrö-
ningen debattiert. Die Negativliste fiel deut-
lich länger aus . Deshalb sollte dem Gemeinde-
rat ein Beschlussantrag vorgelegt werden,
der das Votum der Räte von 1997, demzufol-
ge die Gemeinde der Wiederbelebung aufge-
schlossen gegenüber stehe, durch die förmli-
che Ablehnung ersetzen sollte.

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Copyright © STZ 24.07.2000


Haas: Alle Türen weiter offen

Reaktion auf Möglinger Entscheid gegen Bahnpläne

(bä) - Das Nein des Möglinger
Gemeinderates zu einer Reaktivie-
rung der Bahnstrecke zwischen
Ludwigsburg und Markgröningen
bedeutet nicht das Aus für das
Projekt, sagte Landrat Dr. Rainer
Haas gestern auf Fragen von LKZ-
Redakteur Günter Bächle.

LKZ: Bedeutet der Beschluss des
Möglinger Gemeinderates den Tod
der Pläne zur Reaktivierung?

Haas: Nein - er hält alle Türen of-
fen. Denn er ist unter dem Vorbe-
halt gefasst worden: Nicht jetzt un-
ter den derzeitigen Vor.aussetzun-
gen! Auch wir könnten auf der Basis
der bisher vorliegenden Daten und
Fakten noch keine abschließende
Entscheidung treffen. Nachdem
nun die grundsätzliche Förderzusa-
ge des Landes vorliegt, könnten
jetzt die Investitionskosten, die Be-
triebskosten sowie die nicht von
der GVFG-Förderung erfassten Kos-
ten ermittelt und die Belastungen
der kommunalen Haushalte eini-
germaßen verlässlich ausgerechnet
werden. Ich gehe davon aus, dass
Möglingen sich an dieser Arbeit
auch weiterhin beteiligt, um zu ei-
nem späteren Zeitpunkt weiterge-
hende Entscheidungen treffen zu
können.

LKZ: Möglingen befürchtet vor al-
lem ein Ausdünnen der Buslinien
und somit eine Verschlechterung des
Nahverkehrs. Wollen das die Befür-
worter der Reaktivierung nicht zur
Kenntnis nehmen?

Haas: Die drei Rathaus-Chefs und
ich waren uns schon im Juni 1997
einig, dass vor Gründung eines
Zweckverbandes alle offenen Fra-
gen geklärt sein müssen. Dazu ge-
hören auch die Wechselbeziehun-
gen zwischen der Bahn und dem
nötigen Bus-Zubringernetz.

LKZ: Kann der Landkreis der Ge-
meinde Möglingen entgegenkom-
men, zum Beispiel bei Investitions-
und laufenden Kosten?

Haas: Eine Kooperation ist immer
ein Geben und Nehmen. Ich erin-
nere an die Anfänge des Buskon-
zepts Strohgäu, das die Gemeinde
Möglingen nicht mehr missen
möchte. Auch bei einer Reaktivie-
rung der Schiene muss eine faire
Basis für die Finanzierung gefun-
den werden. Dies wird nicht ein-
fach werden. Was am Ende stehen
wird, kann heute natürlich noch
niemand sagen.

LKZ: Seit vier Jahren liegt das Gut-
achten auf dem Tisch. Geschehen ist
nichts. Ist das nicht auch ein Zei-
chen dafür, dass niemand diese Re-
aktivierung richtig will?

Haas: Um eine positive Aussage zur
GVFG-Förderung zu erreichen, wa-
ren zwei Gutachten notwendig. Zu
dem seit Mai 1996 vorliegenden
Gutachten wurde von der Gemein-
de Möglingen ein Ergänzungsgut-
achten in Auftrag gegeben, das seit
Mai 1999 vorliegt. Im Juni 1999
wurde es den beteiligten Kommu-
nen übergeben. Bereits im Juli 1999
berichtete das Landratsamt dem
Ministerium über den Sachstand
und bat um eine konkrete Aussage
zur Förderfähigkeit des Vorhabens.
Die haben wir jetzt bekommen.

Um die Zeit zu nutzen, in der im
Ministerium das Gutachten tech-
nisch und förderrechtlich geprüft
wird, hatten wir die Gemeinden im
Sommer des letzten Jahres gebeten,
ihre. Vorstellungen zum Zubringer-
netz darzulegen. Im September ha-
ben wir mit der RBS und den Ge-
meinden gesprochen. Im Februar
dieses Jahres legte der RBS ein Zu-
bringerkonzept vor. Das Landrats-
amt veranlasste eine Bewertung
durch den VVS. Sie fiel grundsätz-
lich positiv aus und ist im Juli 2000
beim Landratsamt eingegangen. Sie
müsste nun zusammen mit den
Gemeinden, dem RBS und der
VVS in eine konkrete Linienpla-
nung gebracht werden.

LKZ: Wann werden Nägel mit Kö
fen gemacht?

Haas: Wir haben schon Nägel mit
Köpfen gemacht: Bereits 1998 hat
das Regierungspräsidium im Vor-
griff auf ein Planfeststellungsver-
fahren Lärmberechnungen durch-
geführt und bei einer Grobberech-
nung festgestellt, dass bei einer In-
betriebnahme der Schienenstrecke
für den Personennahverkehr die
geltenden Grenzwerte aller Voraus-
sicht nach an den untersuchten
Punkten eingehalten werden.
Der nächste Nagel, der einge-
schlagen werden kann, wäre das
Zubringernetz, dessen Justierung in
den nächsten Monaten erfolgen
könnte. Dabei muss jetzt vor allem
auch auf die Möglinger Belange
eingegangen werden.
Weiter müssen die Investitions-
und Betriebskosten für den Schie-
nenbetrieb möglichst zuverlässig
errechnet werden. Dazu wollen wir
die Kompetenz erfahrener Schien-
verkehrsunternehmen nutzen.
Wann wir den allerletzten Nagel
einschlagen werden, ist nicht so
entscheidend - entscheidend ist,
dass er eines Tages eingeschlagen
wird. Eines ist aber auch klar: Der
Landkreis kann die Reaktivierung
erst dann in Angriff nehmen, wenn
die an der Strecke liegenden Städte
und Gemeinden dies wollen und es
auch finanziell mittragen.

Copyright © LKZ 25.07.2000


LESERBRIEF

Für offene Diskussion

Zum LKZ-Bericht "Bahnstrecke
kurz vor dem Aus" schreibt unser
Leser Gerhard S., xxxxstra-
ße X, Möglingen:

Ein "Arbeitskreis Handel und Ver-
kehr" (sechs Vertreter der Gemein-
deratsfraktionen, Bürgermeister
Weigele und zwei Mitarbeiter der
Gemeindeverwaltung) hat in Klau-
sur, also unter Ausschluss der öf-
fentlichkeit, zum Therna Wieder-
aufnahme des Personenverkehrs
auf der Strecke Markgrönin-
gen-Ludwigsburg getagt. Zeitgleich
erschienen dann in der LKZ und im
Mitteilungsblatt der Gemeinde
Berichte üiber die Ergebnisse der
Tagung.
Bei der Darstellung der vom Aus-
schuss gesammelten überlegungen
werden zunächst acht positive Ge-
sichtspunkte als Chancen dargelegt,
die dann anschließend 14fach
durch teilweise einseitige, fragwür-
dige und widersprüchliche Beden-
ken widerlegt werden. Zwei Beispie-

le: "Durchschneidung von Möglin-
gen" - Die Durchschneidung be-
steht bereits bei dem noch laufen-
den Betrieb des Güterverkehrs.
"Hohe Kosten bei Investitionen und
Betrieb" - Die Strecke selbst und
die Investitionen für ihre Durchläs-
sigkeit (zwei geregelte Straßenüiber-
gänge, eine Brücke, ein Durchlass
und zwei Fußgängerunterführun-
gen) stellen ein beachtliches Ver-
mögen dar. Vermögen auch in dem
Sinne von Möglichkeit einer relativ
kurzfristigen Wiederaufnahme des
Personenverkehrs. Bei der Abwä-
gung von Chancen und Bedenken
werden am Schluss des Verwal-
tungsberichtes nur noch Nachteile
genannt.
An vorletzter Stelle taucht hier ein
Gesichtspunkt auf, der von Anfang
an die Diskussion in Möglingen
stark beeinflusst hat: "Eingriffe in
die Wohnqualität entlang der Stre-
cke." Anlieger sind Bürger und
Wähler, deren Bedenken ernst zu
nehmen sind. Gemeinderäte wer-
den dabei immer wieder Entschei-
dungen treffen müssen, die zwar
dem allgemeinen Wohl dienen,
aber doch auch Beeinträchtigungen
für einzelne mit sich bringen kön-
nen.
Im vorliegenden Fall ist zu beach-
ten, dass die Möglinger Bahnlinie
gebaut war, bevor in ihrer unmittel-
baren Nähe Häuser entstanden
sind.
Auch sind beim Personenverkehr
strengere Lärmbegrenzungen ein-
zuhalten als beim Güterverkehr.
Bisher standen Gemeinde und Bür-
germeister in Abstimmung mit den
Nachbarn Markgröningen und Lud-
wigsburg der Wiederaufnahme des
Personenverkehrs "aufgeschlossen
gegenüber" (Gemeinderatsbe-
schluss 10/97). Nun sollen noch vor
einer schriftlichen Stellungnahme
des Ministeriums die Signale in

Möglingen auf "Rot" gestellt wer-
den.
Eine optimale Planung und Ver-
teilung des Öffentlichen Personen-
nahverkehrs in der Region Stuttgart
muss die Interessen aller Beteiligten
nach Möglichkeit berücksichtigen
und finanzierbare Lösungen finden.
In diesem Stadium, "rganzende
Gutachter" und behördliche Pla-
nungen grundsätzlich abzulehnen,
ist kaum angebracht.
Inzwischen zeichnet sich ab, dass
sich die Situation auf den Straßen
im Nahbereich der Gemeinde Mög-
lingen weiter verschärfen wird: Ver-
legung der Autobahnausfahrt,
Westumgehung Ludwigsburg. Der
vorformulierte Beschluss des Ge-
meinderates "Die Gemeinde Mög-
lingen lehnt die Wiederaufnahme
des Personenverkehrs auf der
Schienenstrecke ab" und sein kurz-
fristig geplanter Vollzug wird die
Planer kaum wesentlich beeinflus-
sen.
Der Möglinger Bürgermeister hat
sich stark und erfolgreich für eine
Teilnahme seiner Gemeinde an der
"Agenda 21" eingesetzt. Ziel dieser
Agenda ist die Verwirklichung
nachhaltiger und umweltschonen-
der Maßnahmen auf örtlicher Ebe-
ne.
Wenn Bürgemeister Weigele die
Ziele der Agenda ernst nimmt, soll-
te er die offene Diskussion im Ge-
meinderat und in der Bürgerschaft
in Sachen ÖPNV nicht durch einen
einseitigen Beschluss vorzeitig ein-
stellen.
   

Copyright © LKZ 25.07.2000


Bericht von der Sitzung des Gemeinderates vom 20.7.2000 (Auszug)

Reaktivierung der Schienenstrecke Ludwigsburg -Möglingen - Markgröningen

Vom Arbeitskreis Handel und Verkehr wurde dem Gemeinderat
folgender Beschluss vorgeschlagen:

Die Gemeinde lehnt die Wiedereröffnung der Schienenstrecke
ab.

Für die Gemeinde zeichnet sich trotz hohem finanziellen Auf-
wand derzeit kein angemessener Nutzen ab. Auch die gesamt-
wirtschaftliche Betrachtung greift zu kurz, weil die Wege und
Zeiten nicht berücksichtigt sind. Es werden im Gegenteil mehr
Nachteile als Vorteile erwartet:

- bei nur zwei Haltepunkten entstehen lange Fußwege zum Zug
oder die Notwendigkeit, Zubringerbusse zu benutzen, dadurch
keine Reisezeitverkürzung;
- für viele Wege entstehen mehrere Umsteigevorgänge;
- die Flächendeckung durch Busse ist besser;
- Busbewegungen im Ort verringern sich durch die Zubringer
nicht;
- Eingriffe in die Wohnqualität entlang der Strecke;
- keine spürbare Verkehrsentlastung für Möglingen.

Die Gemeinde fordert statt der Reaktivierung der Schienenstre-
cke die Verbesserung des bestehenden Strohgäu-Bussystems,
damit kann mit geringen Mitteln mehr Nutzen gestiftet werden.

Die Gemeinde wird, um langfristig handlungsfahig zu bleiben,
die Trasse nicht bebauen. Die Option für einen Betrieb im Stadt-
bahnsystem bleibt so erhalten.

(Wir weisen auf den Bericht in den Möglinger Nachrichten 27/
2000, vom 06.07.2000 hin).

Zur Sitzung des Gemeinderates wurde von den Gemeinderäten
Muras und Dr. Widmaier folgender Antrag gestellt:

"Der Gemeinderat der Gemeinde Möglingen beschließt, gem.
21 der GO fur Baden-Württemberg, zu folgender Entscheidung:
Reaktivierung der Bahnlinie Ludwigsburg - Markgröningen
einen Bürgerentscheid herbeizuführen".

Dieser Antrag wurde unterschriftlich von den Gemeinderäten
Rainer Blank, Edgar Blank, Krössinger und Hiller unterstützt.

Der beantragte Bürgerentscheid ist zum jetzigen Zeitpunkt
rechtlich nicht zulässig. Ein Bürgerentscheid kann nur zu be-
stimmten Themen, die in der Gemeindeordnung ausdrücklich
genannt sind, erfolgen.
In der Gemeindeordnung sind auch 7 Punkte genannt, zu denen
ein Bürgerentscheid nicht stattfinden kann. Hierzu gehört das
in Frage stehende Thema nicht.
Als dritte Möglichkeit sieht das Gesetz noch vor, dass durch
eine entsprechende Änderung der Hauptsatzung geregelt wer-
den kann, was darüber hinaus als wichtige Gemeindeangele-
genheit gilt (und worüber somit ein Bürgerentscheid möglich
ist).

Ein von denselben Gemeinderäten unterschriebener weiterer
Antrag, welcher die Änderung der Hauptsatzung in diesem Sin-
ne zum Inhalt hatte, ist am 11.07.2000 eingegangen. Zu jenem
Zeitpunkt war die Tagesordnung für die Sitzung des Gemeinde-
rats vom 20.07. bereits abgeschlossen, so dass dieser 2. An-
trag nicht mehr berücksichtigt werden konnte.

Von einem Redner des Gremiums (Bündnis 90/Die Grünen)
wurde die Auffassung vertreten, dass ein Bürgerentscheid zum
jetzigen Zeitpunkt zwar nicht zulässig sei (und zwar auch dann
nicht, wenn die Hauptsatzung geändert werde). Dies sei einfach
dadurch begründet, dass die finanziellen Folgekosten die auf
die Gemeinde, durch deren Anteil an den Investitions- und Fol-
gekosten zukämen, nicht klar seien. Trotzdem solle man die
Hauptsatzung ändern, damit, wenn die angesprochenen offe-
nen Fragen geklärt seien, dann ein Bürgerentscheid in die Wege
geleitet werden könne.

Ein Mitglied der CDU/WU-Fraktion - ebenfalls Teilnehmer am
Arbeitskreis - stellte fest, dass man sich über Jahre hinweg
Mühe gegeben habe, alle notwendigen Entscheidungskriterien
zu bekommen. Es liege nun genug Zahlenmaterial zur Abwä-
gung vor. Es könne eine Stellungnahme nach dem jetzigen
Wissens- und Kenntnisstand erfolgen, wobei, wie dies der Ar-
beitskreis empfehle, eine Option für einen Betrieb im Stadt-
bahnsystem aufrecht erhalten bleiben solle. Vollkommen unklar
sei, wie die Gemeinde ihren Anteil an 26 Mio. DM Investitions-
kosten und jährlich ca. 1,2 Mio. DM Betriebskosten finanzieren
solle. Es wurde auch darauf hingewiesen, dass man ein gut
funktionierendes Bussystem aufgebaut habe, welches kosten-
günstig, aber bei der Reaktivierung der Bahnlinie gefährdet sei.

Ein Sprecher der SPD-Fraktion vertrat die Ansicht, dass der
Arbeitskreis die Aufgabe hatte, eine Position der Gemeinde zu
erarbeiten. Die vorhandenen Zahlen und Daten würden dem-
nach nicht ausreichen, um einer Reaktivierung der Bahnlinie zu-
zustimmen.

Bürgermeister Weigele stellte zunächst nochmals fest, dass ein
Bürgerentscheid zur Zeit nicht zulässig sei. Wenn der zwischen-
zeitlich ebenfalls vorgelegte Antrag zur Änderung der Hauptsat-
zung bestehen bleibe, werde über diesen Antrag nach der Som-
merpause des Gemeinderates entschieden (Nach den gesetzli-
chen Bestimmungen ist es so, dass, wenn 1/4 der Gemeinderä-
te die Aufnahme eines bestimmten Punktes auf die Tagesord-
nung beantragen, dies erfolgen muss.).

Der Bürgermeister wies weiter darauf hin, dass nach einer Re-
aktivierung der Bahn nur mit 100 Autofahrten täglich weniger
zu rechnen sei. Man müsse einfach sehen, dass bei den gege-
benen Randbedingungen die Strecke nicht wirtschaftlich be-
trieben werden könne.

Ein Redner der FWV-Fraktion meinte, dass sich seit 1997 keine
gravierenden Änderungen ergeben hätte.

Ein anderer Sprecher der SPD-Fraktion stellte fest, dass zur
Zeit noch nicht klar sei, ob die Strecke als Ost-West-Verbin-
dung von Markgröningen über Ludwigsburg bis Remseck wei-
tergeführt werde. Es wurde Antrag auf Vertagung bis zur Ände-
rung der Hauptsatzung gestellt, bzw. bis vom Landkreis dem
Land und der Region weitere Unterlagen vorliegen. Ein Be-
schluss zum jetzigen Zeitpunkt sei das falsche Signal und ze-
mentiere unzureichende Verkehrsverhältnisse.

Nach ausführlicher Aussprache wurde der Antrag auf Verta-
gung mit 4 Ja-Stimmen, 15 Nein-Stimmen und 1 Stimmenthal-
tung (3 Gemeinderäte waren bei der Sitzung entschuldigt) ab-
gelehnt.

Von der SPD-Fraktion wurde folgender geänderter Beschluss-
vorschlag unterbreitet:

"Die Gemeinde sieht unter den derzeit bekannten Vorausset-
zungen keine Möglichkeit, die Bahnstrecke Ludwigsburg -
Markgröningen zu reaktivieren.

Die Gemeinde fordert statt der Reaktivierung der Schienenstre-
cke die Verbesserung des bestehenden Strohgäu-Bussystems,
damit kann mit geringen Mitteln mehr Nutzen gestiftet werden.

Die Gemeinde wird, um langfristig handlungsfähig zu bleiben,
die Trasse nicht bebauen. Die Option für einen Betrieb im Stadt-
bahnsystem bleibt so erhalten".

Auf diesen Antrag entfielen 10 Ja-Stimmen und 10 Nein-Stim-
men - damit war der Antrag abgelehnt.

Mit 13 Ja-Stimmen, 4 Nein-Stimmen und 3 Stimmenthaltungen
wurde anschließend folgende Formulierung beschlossen:

"Die Gemeinde lehnt zum heutigen Zeitpunkt unter den jetzt
bekannten Voraussetzungen die Wiedereröffnung der Schie-
nenstrecke ab.

Für die Gemeinde zeichnet sich trotz hohen finanziellem Auf-
wand derzeit kein angemessener Nutzen ab. Auch die gesamt-
wirtschaftliche Betrachtung greift zu kurz, weil die Wege und
Zeiten nicht berücksichtigt sind. Es werden im Gegenteil mehr
Nachteile als Vorteile erwartet:
Die Gemeinde fordert statt der Reaktivierung der Schienenstre-
cke die Verbesserung des bestehenden Strohgäu-Bussystems,
damit kann mit geringen Mitteln mehr Nutzen gestiftet werden.

Copyright © Möglinger Nachrichten 27.07.2000


SPD Fraktion im Gemeinderat

Reaktivierung der Schienenstrecke:

Ja / Nein. Unter welchen Bedingungen

Fortsetzung von Woche 29

Ihre Meinung zur Reaktivierung:
"Wir waren überrascht, dass der Arbeitskreis (AK) Handel +
Verkehr bereits die öffentliche Diskussion vorweggenommen
hat und wollen nicht, dass berechtigte Interessen Möglinger
Bürger übergangen werden, die wir in der SPD-Fraktion ver-
treten.
Wir sind der Meinung, dass eine freie Trasse auf der Schiene
nicht ungenutzt bleiben darf, wenn Möglinger Bürger in überfüll-
ten Bussen im Stau stecken und unnötig lange Wartezeiten
durch Möglingen in Kauf nehmen müssen, auch weil die Inter-
essen von Bahnanliegern Vorrang haben sollen. Dabei ist der
gegenwärtige Güterverkehr auf alten Gleisen eine weit größere
Beeinträchtigung als moderne Leichttriebwagen auf einem um-
gebauten Gleisbett, abgesehen von dem täglichen Gepfeife,
das bei gesicherten Bahnubergangen wegfällt. Was in den Er-
kenntnissen des AK als Nachteil angesehen wurde und dessen
Entscheidung beeinflusst hat, entpuppt sich bei näherem Hin-
sehen eher als Vorteil: Welche Gemeinde hat schon einen S-
Bahn-Anschluss mit 2 Haltepunkten? Die Verbindung der Mög-
linger Ortsteile mit Pendelbussen zu diesen Stationen ist besser
als mit den jetzigen Spazierfahrten durch den Ort. Dass die
schnellere und bequemere Bahnverbindung mehr Autofahrer
zum Umsteigen bewegen wird, bestreitet niemand - über die
Zahlen kann man ja nur spekulieren. Die Verkehrsentlastung
der Straßen wird spürbar sein. Im Übrigen wird die Bahnlinie
Möglingen so oder so durchschneiden, denn der Güterverkehr
bleibt bestehen.
Beim Hauptargument, den Kosten, hat der AK wohl vergessen,
weshalb bereits 4 Millionen Mark für den schienengleichen
Übergang bei der WZG ausgegeben wurden, den man früher
ebenfalls ohne Not aufgegeben hatte. Warum sollen wir jetzt
nein sagen, wenn Land, Region und Landkreis Geld für die
überfallige Ost-West-Verbindung ausgeben wollen? Wenn die-
ses Geld woanders verbaut sein wird, wird ein späteres Möglin-
ger Erwachen sehr teuer sein, abgesehen vom volkswirtschaftli-
chen Schaden, durch einen Verbleib Möglingens als Nicht-S-
Bahn-Gemeinde.

Statt des voreiligen Neins des Gemeinderates fordern wir
eine Beteiligung der Bürger an dieser Entscheidung."

gez. Eva Bauer-Oppelland, Ulrich Hiller

Copyright © Möglinger Nachrichten 27.07.2000


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[ Letzte Aktualisierung 30.11.2000 Gerald Stempel ]